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friedlisunterwegs
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Rumänien
Dienstag, 3. Juli
Nach dem Frühstück hatten wir das Problem, dass wir keine rumänischen LEI hatten. Eine Autobahnvignette auch nicht. Gut, die Autobahn fängt erst nach 30 Km an, aber finden wir bis dann einen Bankomaten um eine Vignette kaufen zu können? Wir beschlossen mal zu fahren und den Rest auf uns zukommen zu lassen.
Also erreichten wir kurz vor Mittag die Grenze.
Zwei junge Grenzer verschwanden mit unseren ID's und Wagenpapieren im Büro. Einer der Beamten wollte noch einen Blick ins Innere des Wagens werfen. "Nice" meinte er und fertig war die Inspektion. Nach ein paar Minuten erschien ein anderer Beamter, händigte uns wortlos die Papiere aus. Ein freundliches Gesicht sieht anders aus, dachte ich so für mich. Wahrscheinlich stinkt ihm die Vorstellung, dass beim bevorstehenden Beitritt Rumäniens zu Europa sein Job an Bedeutung verlieren könnte.
Die beiden jungen Grenzer winkten uns noch freundlich zu bei der Wegfahrt, dann waren wir in Rumänien.
Auf der Fahrt durch die Dörfer hielten wir Ausschau nach so einem geliebten Spielautomaten. Glücklicherweise wurden wir fündig. Anita lief zum Bankomat zurück und ich hielt die Stellung am Strassenrand. Es dauerte endlos. Schon längst war sie aus dem Sichtfeld des Rückspiegels verschwunden. Nach geraumer Zeit war sie plötzlich wieder da, sie hatte Hilfe geholt auf der gegenüberliegenden Polizeistation. Eine nette Beamtin hätte sie zum Automaten begleitet und ihr die Tücken der alten Maschine in Zeichensprache erklärt. Die verschiedenen Währungsbezeichnungen sorgten anfänglich für Verwirrung.
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Rumänischer Leu: Europas erste Polymer-Währung. Der Rumänische Leu (RON, der frühere Code war ROL) ist die Währung Rumäniens. Ein Leu unterteilt sich in 100 Bani, die Mehrzahl von Leu heisst Lei.
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Das nächste Ziel war ein Campingplatz nahe der Stadt Sibiu. Die 350 km schafften wir in 6 Std. Den grössten Teil der Strecke fuhren wir wieder über Land und konnten viele Eindrücke über das hiesige Landleben sammeln.
Für das letzte Stück ab Simeria bis Sibu benutzten wir das fertiggestellte Stück Autobahn. Beeindruckend waren die riesigen Agrarflächen. Vorwiegend Mais, Hafer und Weizen wurden hier angebaut. Mais ist das Nationalgericht der Rumänen. Es wird in beinahe allen Gerichten als Ballaststoff beigegeben.
Es war Erntezeit, überall sahen wir Mähdrescher oder deren riesige, aufgewirbelte Staubwolken irgendwo am Horizont. Inmitten der Felder machten wir Gewerbebauten aus, wo das Korn angeliefert und weiterverarbeitet wurde. Trotzdem hatten wir das Gefühl, “das schaffen die nie vor dem Winter“. Solche Dimensionen zu bearbeiten überstieg unsere Vorstellungs-kraft.
Die Strassen waren zum allergrössten Teil sehr gut. Aber, auf ab und zu auftauchende Schlaglöcher musste man jederzeit gefasst sein.
Müde machten vor allem die dauernd wechselnden Tempolimiten. Zwischen 50 und 110 km kam alles vor. Spätestens als mich innerorts die Sattelschlepper überholten merkte ich, dass ich offensichtlich als Einziger die Bedeutung der Zahlen auf den Tafeln ernst nahm! Die Lastwagenchauffeuere haben sich anscheinend auf eine konstante Durchschnittsgeschwindigkeit geeinigt, die das Fahren angenehmer macht. Überhaupt hatten wir das Gefühl, als gäbe es nur Sattelschlepper auf dieser Strecke zwischen Gyula und Bran. Sie dominierten in ihrer Anzahl den Verkehr.
Speziell fanden wir die Anwesenheit der "Belles de Nuit“ auf vielen Ausstellplätzen in den Wäldern, die auf Kundschaft hofften.
Wie überall (auch in der Schweiz) trübten die achtlos weggeworfenen Abfälle das Bild solcher Plätze. Ansonsten war es sehr sauber in dieser Gegend Rumäniens. Trotz des regen Verkehrs empfanden wir das Fahren als angenehm. Keine Drängeleien, keine Huperei, man nahm Rücksicht aufeinander.
Die meisten Dörfer die wir passierten, bestanden aus zwei langen Häuserreihen beidseits der Strasse. Kleine Häuschen, zusammengebaut zu einer durchgehenden Mauer. Jedes Haus individuell in Farbe und Gestaltung. Einige verlottert, andere renoviert. Man bekam den Eindruck, dass dieser Wohnstil ein Auslaufmodell darstellt.
In der Umgebung dieser Dörfer waren viele neue Anwesen auszumachen, im modernen Stil und mit schön gestalteter Umge-bung.
Es tut sich was in Rumänien. Überall werden Häuser und Strassen gebaut oder erneuert. Wir hatten den Eindruck, dass es ihnen besser geht und sie auf dem Weg Richtung Europa sind.
Unübersehbar die Kirchen. In jedem Dorf, sei es noch so ärmlich, sind die Kirchen die schönsten und grössten Bauwerke. Sie vermitteln unmissverständlich “wo der Bartli den Most zu holen hat“!
Wir haben bewusst die Gegend im Bereich der südlichen Karpaten gewählt für unsere Reise. Auf einen Besuch der Hauptstadt Bukarest haben wir verzichtet. Bereits im Vorfeld der Reisevorbereitungen wurde uns die Hauptstadt und die Ge-gend weiter östlich, als nicht unbedingt bereisenswert beschrieben. Das ist bekanntlich Ansichtssache. Nur um dies heraus-zufinden wollten wir aber keine zusätzlichen Kilometer riskieren. Schliesslich hatten wir noch einen Termin in Tschechien.
Natürlich gibt es auch regionale Unterschiede. In Regionen mit Industrie trifft man schönere Dörfer an als auf dem Land draussen, wo noch mit einfachem Geräten Landwirtschaft betrieben wird.
Am Strassenrand wurde allerlei "Hausgemachtes" angeboten.
Diese Gelegenheit nutzte Anita und postete uns ein Glas Honig.
Wir begegneten "Heufudern", von Pferden gezogen, die wie bei uns früher von Hand mit der Gabel beladen wurden. Der Vater an den Leitleinen, die restliche Familie oben auf dem Fuder, so wurde heimgefahren.
Grosse Traktoren konnten trotz der riesigen, zu bearbeitenden Feldern, keine ausgemacht werden. Vielmehr noch die alten, kleinen, wie sie bei uns vor 30 Jahren noch üblich waren.
Gegen Abend erreichten wir, dem Navigationsgerät sei Dank, den Campingplatz. Gelegen an einem Hügel, hoch über dem Dorf Cisnadioara, mit Blick auf die über 2500 m hohen Gipfel der südlichen Karpaten.
Ein überaus schöner Platz mit schönen sanitären Anlagen. Kein Wunder wie sich herausstellte, wird er doch von einem Rumänien-Deutschen geführt. Deshalb waren die meisten Gäste hier auch Deutsche.